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Entschlossenheit zur internationalen Bekämpfung des Drogenmißbrauchs




Rede von Staatssekretär Lintner in New York

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Eduard Lintner, hielt anläßlich der Sonderplenardebatte der Vereinten Nationen zu Drogenfragen in New York am 26. Oktober 1993 folgende Rede:

Als Drogenbeauftragter der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland bin ich dankbar, daß die Vereinten Nationen mit diesen vier hochrangig besetzten Plenarsitzungen der Generalversammlung vor der Weltöffentlichkeit erneut ihre Entschlossenheit zur Achtung des Drogenmißbrauchs bekunden. Das ist ja auch das Ziel, das wir gemeinsam verfolgen müssen.

Wichtige Aspekte der internationalen Drogenbekämpfung sind heute vormittag vom belgischen Vizeprmier und Justizminister Herrn Bathelet als gemeinsame Position der Mitgliedstaaten der Europäischen-Gemeinschaft vorgetragen worden. Gestatten Sie mir, daß ich darüber hinaus einige Punkte aus der Sicht der Bundesrpublik Deutschland darlege.

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In der Bundesrepublik Deutschland hat der Umfang der Rauschgiftkriminalität in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die deutschen Sicherheitsbehörden konnten allein 1992 5,9 Tonnen harte Drogen und mehr als 12 Tonnen Cannabisprodukte sicherstellen. Trotz dieser bemerkenswerten Erfolge mußten wir jedoch wie bereits im Vorjahr über 2 000 Rauschgifttote beklagen. Auch wenn wir dieses Jahr bei den Rauschgifttoten bisher einen Rückgang um über 20 Prozent verzeichnen konnten, kann man noch nicht von einer Trendwende sprechen. Zu vielfältig sind mögliche Einflußfaktoren für diese Entwicklung. Allerdings ist auch die Zahl der Erstkonsumenten harter Drogen rückläufig, vor allem bei Heroin. Bei Kokain und Amphetamin müssen wir indessen eine bedenkliche Zunahme feststellen; eine Entwicklung, die wir sehr ernst nehmen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat gerade im Laufe der letzten zwölf Monate wichtige Maßnahmen getroffen, die den Kampf gegen diese Geisel der Menschheit optimieren helfen sollen.

So wurde im September 1992 neben anderen gesetzgeberischen Maßnahmen die Geldwäsche unter Strafe gestellt und im letzten Monat ein Geldwäschegesetz verabschiedet, mit dem den Strafverfolgungsbehörden ein wesentliches Instrument an die Hand gegeben wurde, erfolgreich der Goldwäsche begegnen zu können. Das Grund-stoffüberwachungsgesetz Im Chemikalienbereich steht unmittelbar vor seiner parlamentarischen Einbringung.

Jedoch nicht nur die Verbesserung des repressiven Bereiches ist
Schwerpunkt unserer Drogenpolitik. Wir sehen es als die wesentlichste
Aufgabe an, die Menschen, insbesondere die Jugend, für ein Leben ohne
Suchtstoffe und Suchtabbängigkeit in freier Selbstbestimmung zu gewinnen.
Hier müssen wir früh beginnen und auf die potentiell Gefährdeten zugehen.
Für Abhängige sind unsere sogenannten niedrigschwelligen Angebote
entscheidend und ein wichtiger Beitrag zur Senkung der Todesrate. Das
dazu 1990 begonnene Modell setzt im Vorfeld von Beratungen und
Therapie an. Dabei werden wir den Abhängigen keine Vorbedingungen
stellen und von ihnen keine Vorleistungen fordern. Sie sind Hilfen im
täglichen Leben und unterbrechen so den verhängnisvollen Kreislauf von
Abhängigkeit und Verelendung. '

Heute haben wir mehr als 4 000 spezialisierte Plätze in der stationären Langzeittherapie. Der Ausbau und die Erweiterung bestehender sowie die Schaffung neuer Entgiftungs und Therapieplätze wird auch in Zukunft weiter vorangetrieben.

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Schließlich bestehen für Drogenabhängige weitere Beratungs-, Behandlungs- und Nachsorgeangebote, etwa Hilfen bei der Rehabilitation und sozialen und beruflichen Eingliederung.

Weiterhin zeigen im Bereich der Nachfragereduzierung neben den öffentlichkeitswirksamen, massenmedialen Ansätzen auch die Aktivitäten zur Prävention vor Ort Erfolg. Vor allem unsere Präventionsprogramme an Schulen führen häufig zu lokalen Folgeaktivitäten.

Für langfristige Erfolge bei der Eindämmung der Nachfrage ist es allerdings unerläßlich, daß Drogenprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird. Deshalb bemühe ich mich derzeit, einen von der Wirtschaft und engagierten gesellschaftlichen Kräften getragenen Verein ins Leben zu rufen, der differenzierte und vor allem langfristig angelegte Maßnahmen zur Drogenaufklärung umsetzt.

Auf der Ebene der Eindämmung des Drogenpflanzenanbaus, einem weiteren Element unserer Anti-Drogenpolitik, ist in erster Linie das vielseitige Instrument der Entwicklungshilfe gefordert. Hiermit sollen Alternativen zur Envirtschaftung des Lebensunterhalts mit dem Anbau von Drogenpflanzen geschaffen werden. Daß dabei eine Fülle von Schwierigkeiten überwunden werden müssen bis für geeignete legale Produkte ein akzeptabler und ertragsträchtiger Markt geschaffen worden ist, wissen wir alle.

Zudem ist eine neue Qualität des Konzeptes der alternativen Entwicklung gefordert. Im Vergleich zu früheren Konzepten der Anbausubstitution ist nicht mehr der schlichte Austausch der Drogenpflanze gegen legale Pflanzen Ziel der Maßnahmen, sondern es muß versucht werden, mit Hilfe entwicklungspolitischer Ansätze auch das soziale Umfeld positiv zu verändern, um die Akzeptanz des Anbaus von Drogenpflanzen zu verringern.

Wie insgesamt im Bereich der Drogenproblematik so wird auch hier klar, daß der Kampf gegen den Mißbrauch von Drogen eine internationale Aufgabe ist, die nur in gemeinsamer Verantwortung aller Staaten bewältigt werden kann.

Die internationalen Suchtstoffübereinkommen, das globale Aktionsprogramm und der System-Wide-Action-Plan der Vereinten Nationen bilden eine gute und umfassende Basis für effektive Drogenkontrollaktivitäten. Es bedarf nun einer konsequenten Umsetzung dieser entwickelten Maßnahmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich die zentrale Bedeutung des UNDCP betonen. Unter dem einheitlichen Dach von UNDCP wurden vor gut zwei Jahren drei verschiedene Drogeneinheiten der Vereinten

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Nationen zusammengefaßt und unter die Leitung von Herrn Exekutivdirektor Giacomelli gestellt. UNDCP hat seitdem ermutigende Fortschritte auf den verschiedenen Gebieten der internationalen Drogenkontrolle erzielt.

Ich möchte nur zwei Schwerpunkte hervorheben, die Deutschland auch in Zukunft für besonders wichtig hält: Das nationale Masterplan-Konzept ist mit Leben erfüllt und weiterentwickelt worden. Ferner wurde die fachliche Unterstützung von Staaten im Gesetzgebungsbereich verstärkt. Gerade hier besteht weiterhin ein erheblicher Bedarf in den osteuropäischen Staaten und in der GUS. Dort muß eine effektive AntiDrogen-Gesetzgebung und -Verwaltung neu aufgebaut werden. Deren Verbesserung ist uns ein besonders wichtiges Anliegen, und wir würden es sehr begrüßen, wenn noch mehr Staaten gemeinsam mit uns die Unterstützung dieser Region konkret und tatkräftig angingen.

Dem UNDCP verdanken wir auch wesentliche Fortschritte in der Erkenntnis, daß die Reduzierung der Nachfrage nicht allein Sache der jeweiligen Regierungen sein kann, sondern als Aufgabe der ganzen Gesellschaft verstanden wird. Das bedeutet: Nicht-Regierungsorganisation müssen auf nationaler und internationaler Ebene, wie auch die Fachinstitutionen der Vereinten Nationen wie z. . UNICEF, ILO, Weltbank und IFAD, verstärkt einbezogen werden. Die Bundesregierung wird die wichtige Koordinierungsrolle von UNDCP weiter nach Kräften unterstützen.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird die Ratifizierung des Übereinkommens durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten' Nationen in den nächsten Tagen abschließen. Dabei möchte ich zum Ausdruck bringen, daß ich es für ausgesprochen wichtig halte, daß alle Länder dieser Welt, gleich in welcher Weise sie vom Drogenproblem betroffen sind, die VN-Konvention ratifizieren.

Bloße Appelle allein reichen nicht mehr aus. Der Drogenkampf darf nicht zu sehr verwaltungsmäßig und bürokratisch geführt weiden. Es reicht nicht, immer mehr Arbeitsgruppen einzurichten, immer neue Analysen mit altbekannten Ergebnissen zu erstellen und immer mehr Wenn und Aber zu entdecken. Das Ergebnis ist dann, daß die Drogenbekämpfung letztlich doch immer noch unzureichend gefordert wird.

Der Wille zur Drogenbekämpfung sowohl in den Produzenten als auch in den Transit und Konsumländern muß erhalten bleiben und weiter ausgebaut werden. Er kommt für Deutschland darin zum Ausdruck, daß wir unsere repressiven Mittel zur Bekämpfung der illegalen Drogen nicht

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nur beibehalten, sondern in der Praxis auch anwenden. Für uns soll es deshalb bei der Strafbarkeit des Umgangs mit illegalen weichen Drogen und harten Drogen bleiben. Auch unsere Fähigkeit die Handelsströme und -routen für Rauschgifte wirksam zu stören, muß nicht nur erhalten, sondern auch weiter fortentwickelt werden.

Herr Präsident, ich glaube, daß wir durchaus eine Chance haben, das Drogenproblem zu verringern. Dies erfordert allerdings, daß wir uns in den nächsten Jahren mit noch größerer Entschlossenheit diesem Problem zuwenden. Dafür müssen alle nationalen und internationalen Kräfte mobilisiert werden und zusammenwirken. Da/u ist jeder einzelne eingeladen.

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