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Wir kommen von der Stadtverwaltung




 

Wieder einmal schlenderte ich mit meinem Freund Jossele, dem erfinderungsreichen Weltmeister im Nichtstun, von einem Kaffeehaus zum anderen, wieder einmal wussten wir nicht, was wir mit dem angebrochenen Wochentag beginnen sollten. Schon wollten wir mangels einer würdigen Zerstreuung auseinander gehen, als Jossele plötzlich einen Einfall hatte: Weißt du was? Lass uns das,Wir kommen von der Stadtverwaltung-Spiel` spielen!

Damit zog er mich ins nächste Haus und läutete an der nächsten Tür. Als uns geöffnet wurde, schob er mich voran und trat ein.

Schalom. Wir kommen von der Stadtverwaltung.

Der Wohnungsinhaber wurde blass, umarmte seine Frau und fragte nach dem Grund unseres Besuchs.

Sie haben versäumt, die Anzahl der Stühle in Ihrer Wohnung anzugeben, sagte Jossele und zog aus seiner Brusttasche einige Papiere hervor, Briefe, nicht erfüllte Zahlungsaufforderungen und dergleichen. Ihre Erklärung ist seit langem überfällig, mein Herr!

Welche Erklärung?

Ihre Steuererklärung für die in Ihren Wohnräumen vorhandenen Bestuhlung. Jede Sitzgelegenheit muss angegeben werden. Lesen Sie keine Zeitungen?

Ich ja , stotterte der Schuldige. Ich habe irgendwas habe ich schon gelesen Aber ich dachte, es bezieht sich nur auf Büroräume.

Dürfen wir die Bestandsaufnahme durchführen?, fragte Jossele mit ausgewählter Höflichkeit.

Wir gingen durch die Wohnung und notierten vier Fauteuils Wohnzimmer, je zwei Stühle in den beiden Schlafzimmern und einen unter dem Tisch versteckten Schemel.

Das Ehepaar folgte uns zitternd.

Haben Sie vielleicht Eimer im Haus?, fragte Jossele als nächstes.

Ja. Einen.

Kann umgedreht werden und gilt als Notsitz.

Jossele notierte den Zuwachs.

Jetzt wurde der Mann wütend: Das geht zu weit! Als ob ich nicht schon genug Steuern zu zahlen hätte!

Was wollen Sie von mir?, replizierte Jossele mit beleidigter Unschuldsmiene. Ich bin nur ein kleiner Beamter, der seine Instruktion befolgt. Dann sah er dem Objekt seiner Instruktion fest in die Augen und sagte: Das Ganze wird Sie auf ungefähr 270 Pfund kommen.

Die Hausfrau, offenbar der ängstlichere Teil des Ehepaares, wollte den Betrag sofort in bar erlegen. Jossele verweigerte die Annahme des Geldes, er wisse ja nicht, wie hoch die Zusatzsumme für das Zahlungsversäumnis sein würde. Damit verabschiedeten wir uns.

In der nächsten Wohnung registrierten wir die Schüssellöcher und belegten sie mit einer jährlichen Steuer von 390 Pfund.

In der übernächsten Wohnung waren da die Glühbirnen dran. Nach einer Stunde hatten wir das ganze Haus mit namhaften Steuerverschreibungen versorgt.

Was immer man gegen die Stadtverwaltung vorbringen mag manchmal sorgt sie auch für einen unterhaltsamen Nachmittag.

 

Aufgaben

Arbeit am Wortschatz

1. Das Adjektiv fällig bedeutet: etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bezahlen.

Finden Sie im Text ein Antonym dazu.

2. Beachten Sie die Aussprache der Entlehnung aus dem Französischen der Fauteuil.

Beachten Sie ihren Bedeutungsunterschied zu dem Stuhl.

 

Fragen zum Inhalt und zur sprachlichen Gestaltung des Textes.

1. An welchen Stellen des Textes tritt der ironische Effekt besonders stark zutage:

a) durch die Vereinigung von im menschlichen Dasein nicht zu verbindenden Erscheinungen;

b) durch sprachliche Mittel.

2. Charakterisieren Sie Jossele, die Hauptfigur dieser Geschichte.

3. Finden Sie im Text Sätze, die die Angst der Wohnungsinhaber vor der Stadtverwaltung

ausdrücken.

4. Welche Vokabeln sind zur Amtsprache zu zählen, und worin besteht ihre Funktion im Text?

5. Welche Fortsetzung würden Sie erwarten von der Wortfügung ein erfindungsreicher

Weltmeister im ? Welchen Effekt verspricht die Fortsetzung im Nichtstun?

 

Zusätzliche Aufgaben

1. Schreiben Sie aus dem Text alle Bezeichnungen der Gegenstände heraus, die zum Sitzen

bestimmt sind. In welchen Situationen und Kontexten können sie gebraucht werden?

Unterstreichen Sie die Kollektiva und Verallgemeinerungen von der Bezeichnung

der Einzelgegenstände.

2. Inwieweit unterscheidet sich schlendern von spazieren gehen und replizieren von antworten?

3. Bestimmen Sie den Bedeutungsunterschied des Adjektivs nächst in den im Text vorhandenen

Kontexten.

4. Erläutern Sie die Bedeutung des Substantivs die Bestuhlung und die Sitzgelegenheit.

 

Wolfgang Hildesheimer





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