.


:




:

































 

 

 

 


Stationen der Einwanderung nach Deutschland




Im Zuge der Industrialisierung erlebte das Ruhrgebiet eine beträchtliche Einwanderung. Die Kohlezechen und Hüttenwerke boomten und benötigten dringend Arbeitskräfte. So wurden im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in den preußischen Ostprovinzen, darunter auch in Regionen, die seit der Teilung Polens unter preußischer Kontrolle standen, Hunderttausende Arbeitskräfte angeworben. Sie stammten aus unterschiedlichen ethnischen und sprachlichen Gruppen, wurden aber pauschal Polen genannt ob sie nun Deutsche, Masuren, Schlesier oder Balten waren. Die Integration dieser Menschen verlief nicht reibungslos. Sie waren zwar mehrheitlich preußische Staatsbürger, aber die Polizei begegnete ihnen mit Argwohn: Polen galten grundsätzlich als Feinde des Reichs, da sie die Teilung ihres Landes nicht akzeptieren wollten. Der von Reichskanzler Otto von Bismarck in Gang gesetzte Kulturkampf gegen die katholische Kirche setzte die Neuankömmlinge zusätzlich unter Druck. Dies bewirkte, dass sich die Ruhrpolen eng zusammenschlossen und auf ihre Traditionen pochten. Polnische Arbeitervereine und Gewerkschaften, Lotterie-, Turn-, Schul- und Theatervereine entstanden. Die Migranten verlangten sogar eigene Landsleute für die seelsorgerische Betreuung. Viele Polen hatten geplant, nur vorübergehend ins Ruhrgebiet zu ziehen, doch ihre Hoffnungen, in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen, zerschlugen sich bald. So holten sie ihre Familien nach und wurden im Revier ansässig. Man bot ihnen Werkswohnungen mit Gärten an, in denen sie Gemüse anbauen und Kleinvieh halten konnten. Jahrelang grenzten sich die Ruhrpolen von ihren Mitbürgern ab, doch allmählich wurde die Binnenintegration immer brüchiger.

Um 1900 begann sich das Kaiserreich mehr und mehr abzuschotten. Einerseits herrschte Arbeitskräftemangel, andererseits sollte jegliche Überfremdung verhindert werden. 1908 wurde ein Legitimationszwang für Auslandspolen eingeführt. Ausländer erhielten meist nur mehr saisonal begrenzte Arbeitsmöglichkeiten. 1913 trat ein neues Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft. Als Abwehrmaßnahme wurde das ius-sanguinis-Prinzip festgeschrieben (lat. Recht des Blutes; Abstammungsprinzip). Dennoch lebten im Reich um 1910 ca. 1,2 Millionen Wanderarbeiter.

Während des Ersten Weltkriegs kamen zahlreiche Ausländer als Kriegsgefangene nach Deutschland, in Polen wurden Arbeiter zwangsrekrutiert. Eine Kontrolle all dieser Arbeitskräfte war ohne Repressionsmaßnahmen kaum möglich und die Deutschen begannen Unterdrückungsmechanismen allmählich als Normalität zu empfinden.

In der Weimarer Republik kamen Ausländer meist nur noch als landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte ins Land. Fortschritte gab es bei der Integration der Ruhrpolen. Als nach Kriegsende der polnische Staat wiederhergestellt wurde, sah der Vertrag von Versailles eine Wahlmöglichkeit zwischen deutscher oder polnischer Staatsbürgerschaft vor. Etwa 30 Prozent der Ruhrgebiet-Zuwanderer entschieden sich für Polen, kehrten zurück, andere zogen in die Kohlereviere Nordfrankreichs. Diejenigen, die blieben, mussten in der Weimarer Republik kaum Repressalien fürchten und wurden bald assimiliert.

Schwerer hatten es Juden, die um die Jahrhundertwende nach antisemitischen Exzessen aus Polen und Russland nach Deutschland geflohen waren. Die meist armen Ostjuden lebten im Berliner Scheunenviertel in billigen Wohnungen. Angehörige dieser Unterschicht fielen in Aussehen, Sprache und religiösem Verhalten deutlich auf. Völkische Gruppierungen, Deutschnationale und Nationalsozialisten zettelten regelmäßig Kampagnen an und warnten vor einer Überflutung mit artfremden Elementen aus Galizien. Als Deutschland 1923 im Chaos zu versinken drohte, brachen im ganzen Land Hungerrevolten aus, Lebensmittelgeschäfte wurden geplündert. Vor allem in Berlin richtete sich der Zorn gegen die Ostjuden: Es kam zu pogromartigen Ausschreitungen.

Als die Nationalsozialisten 1933 die Regierung übernahmen, waren in der krisengebeutelten Wirtschaft nur wenige Ausländer beschäftigt. Erst im Zuge der Aufrüstung kam es in einigen Branchen zum Arbeitskräftemangel. Aus ideologischen Gründen ließen die braunen Machthaber jedoch kaum Ausländer ins Land. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs entschied Adolf Hitler, deutsche Frauen nicht in der Rüstungsindustrie einzusetzen. An die Stelle der eingezogenen Arbeiter sollten massenweise Ausländer treten. Mit Zwangsmaßnahmen und Deportationen, die sich mehr und mehr steigerten, wurde der Ausländereinsatz von Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen vorangetrieben. Die Goebbelssche Propaganda erhob die Deutschen in den Status der Herrenrasse, die die Masse der Untermenschen zu disziplinieren hatte. Mitte 1944 arbeiteten ca. 7,7 Millionen Ausländer - u.a. als KZ-Häftlinge unter oft unmenschlichen Arbeitsbedingungen im Deutschen Reich. Nach Kriegsende hielt sich das Schuldbewusstsein der Deutschen in engen Grenzen.

Zwischen 1945 und 1950 kamen acht Millionen deutsche Flüchtlinge (Video online, Video offline, Hilfe zum Real-Player) aus den Ostgebieten in den Westen und wurden dank des Wirtschaftswunders integriert. Auch der Zustrom aus der DDR hielt an: Bis zum Mauerbau 1961 wanderten jährlich 200.000 bis 300.000 DDR-Bürger in die Bundesrepublik ab. Als Vorteil erwies sich, dass die Neubürger in einer Zeit des ökonomischen Aufschwungs erheblich zu ihrer Integration beitragen konnten.

In den 50er Jahren begann die Ära der Gastarbeiter (die Folge 2 der Sendereihe beschäftigt sich ausführlich mit dem Thema), 1973 wurde der Anwerbestopp für Arbeiter aus Nicht-EG-Ländern erlassen. Nun begannen die Bundesregierungen zu lavieren. Eingliederung ja Einwanderung nein hieß die Devise, was die Lage der Gastarbeiter-Kinder nicht eben erleichterte. Die sozial schwachen Gruppen in Deutschland fühlten sich zunehmend bedroht, die Ausländerfeindschaft wuchs. Die sozialliberale Koalition schuf Rückkehrmöglichkeiten und förderte gleichzeitig die Integration. Auch die Regierung Kohl konnte sich zu keiner klaren Linie durchringen, noch immer war von Integration auf Zeit die Rede.

Die 90er Jahre waren geprägt von einem Massenansturm Asylsuchender, hinzu kam die Zuwanderung deutschstämmiger Spätaussiedler aus Russland und anderen Staaten Osteuropas. Der Bürgerkrieg im früheren Jugoslawien ließ die Zahl der Flüchtlinge zusätzlich ansteigen. Um die Jahrtausendwende errechnete der Migrationsforscher Klaus Bade, dass 14 Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung nicht innerhalb der Grenzen dieses Landes geboren waren.

Ängste vor einer Mulit-Kulti-Gesellschaft entladen sich immer wieder in Gewaltakten gegen Ausländer und auch der stärker werden islamische Fundamentalismus belastet derzeit das Verhältnis von Zuwanderern und ansässiger Bevölkerung. Besonders problematisch ist auch, dass seit einigen Jahren Ausländer überproportional von Arbeitslosigkeit (in erster Linie Jugendarbeitslosigkeit) betroffen sind. Die geringe berufliche und schulische Qualifikation der ersten Gastarbeiter-Generation schlägt sich auch auf deren Nachkommen nieder. Sie laufen Gefahr, den Anschluss an die Wissensgesellschaft zu verlieren.





:


: 2015-10-27; !; : 226 |


:

:

, , .
==> ...

1915 - | 1580 -


© 2015-2024 lektsii.org - -

: 0.01 .