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Bildungspflicht statt Schulpflicht




Trotz der berechtigten Einwände gegen den Hausunterricht spricht sich Volker Ladenthin dafür aus, das strikte Verbot zu lockern und Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten möchten, nicht weiter zu kriminalisieren. "Es kann nicht sein, den Elternwillen gegen den Staatswillen auszuspielen." Wie andere Länder auch, sollte Deutschland daher lieber auf klare Regeln setzen statt auf Verbot und Strafe. Denkbar wäre es zum Beispiel die Arbeit der Eltern eng mit den Schulen abzustimmen, dass sie verpflichtet würden, sich an curriculare Vorgaben zu halten, ihre Arbeit zu dokumentieren und dass ihre Kinder an Klassenarbeiten in den Schulen teilnehmen. Auch der Heimunterricht müsste an bestimmte Normen gebunden sein. Eltern müssten Inhalte unterrichten, die die Gesellschaft als wesentlich erachtet. "Die Bildungspflicht und die Schulpflicht, das sind wichtige historische Errungenschaften. Die kann man nicht aufkündigen. Aber die Form, in der das verwirklicht wird, müssen wir gemäß unserer pluralen Gesellschaftsform auch liberalisieren."

Karte 31. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (181 Wörter; 1328 Zeichen) 1 Min.

Hilfe für "Bildungsverlierer"

 

 

Der Bildungserfolg von Jugendlichen in Deutschland hängt vom Elternhaus ab. Kinder von Akademikern machen eher Abitur als Kinder aus Arbeiterfamilien. Dabei sei Chancengleichheit durchaus finanzierbar, sagt Jörg Dräger.

 

Erfolg in der Schule oder im Studium wird in Deutschland in einem unrühmlichen Sinne vererbt. Wer gut ausgebildete Eltern hat, der wird selbst auch eher dazu neigen, Abitur zu machen und ein Studium aufzunehmen. Kinder aus Arbeiter- und Einwandererfamilien hingegen sind in der Schule - statistisch - weniger erfolgreich. Wie es gelingen kann, diese jungen Menschen von Anfang an so gut zu unterrichten, dass auch sie in Ausbildung und Studium bestehen können, beschreibt Jörg Dräger, ehemaliger Hamburger Wissenschaftssenator und heutiger Vorstand der Bertelsmann Stiftung für den Bereich Bildung und Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) im Interview mit STUDI-DW.

Der Hamburger Verein "SchlauFox" hat es sich zum Ziel gesetzt, gerade Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien auf ihrem Bildungsweg besonders zu unterstützen. Häufig sind das Schüler mit Migrationshintergrund. Um sie zu fördern, benötigten Deutschlands Schulen mehr Lehrer mit Migrationshintergrund, sagt der Verein - und kümmert sich deshalb speziell diese Lehramtstudierenden.

 

 

Karte 32. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (769 Wörter; 5717 Zeichen) 10 Min.

 

Alle sollen gemeinsam lernen

 

Der Rollstuhl im Klassenzimmer ist in Deutschland noch immer die Ausnahme. Zwar haben behinderte Schüler seit 2009 das Recht auf Unterricht in einer allgemeinen Schule. Doch nur 20 Prozent von ihnen besuchen eine gemeinsame Schulstunde.

Als Volkhard Trust vor über zwanzig Jahren gemeinsam mit anderen Pädagogen die Matthias-Claudius-Schule in Bochum gründete, bekam sie sofort einen anderen Namen. Obwohl nur vier Schüler mit Förderbedarf in der ersten Klasse unterrichtet wurden, machte in einigen Kreisen das Wort von der "Beklopptenschule" die Runde, erzählt der Direktor. Es sei "ein hartes Stück Arbeit" gewesen, die Vorurteile gegenüber einer Schule zu entkräften, in der geistig und körperlich behinderte Kinder gemeinsam mit anderen unterrichtet werden. "Heute übersteigen die Anmeldungen die Zahl der Plätze an unserer Gesamtschule um ein Vielfaches", so Trust. Dabei hat die Matthias-Claudius-Schule bereits 820 Schüler, davon 160 sogenannte "Schüler mit Förderbedarf".

Von den rund 100 Lehrern sind ein Drittel Sonderpädagogen, die sich um die jeweils sechs Schüler mit Behinderungen einer Klasse kümmern. "Von der Inklusion profitieren alle", ist der 57-jährige Direktor überzeugt. Viele Schüler mit Behinderungen schaffen, abhängig von ihrem jeweiligen Förderbedarf, beachtliche Schulabschlüsse - vom Hauptschulabschluss bis hin zum Abitur. Die anderen lernen eigenverantwortlich zu arbeiten und trotzdem diejenigen im Blick zu haben, die langsamer sind. Mit Erfolg. Bei den Lernstandserhebungen in NRW und beim Zentralabitur hat die Matthias-Claudius-Schule besser abgeschnitten als andere weiterführende Schulen.

Alltag an der Bochumer Gesamtschule: Gemeinsam lernen, gemeinsam Spaß haben...

Inklusion Eine Sache des Alters

Was an der Bochumer Gesamtschule Alltag ist, soll in Deutschland bald flächendeckend üblich werden. Seit die Bundesregierung 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben hat, haben behinderte Kinder das Recht auf Unterricht in einer Regelschule. Doch die sogenannte "inklusive Bildung" kommt in der Bundesrepublik nur schleppend voran, wie eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt. Nur jedes fünfte Kind mit körperlichen, geistigen, psychosozialen oder emotionalen Problemen geht auf eine Regelschule. Rund 80 Prozent der etwa 500.000 Kinder mit Förderbedarf besuchen separate Schulen. Dabei befürworten laut einer neuen Umfrage über 70 Prozent der Deutschen die inklusive Bildung.

Je älter die Kinder sind, desto stärker werden sie aussortiert. Während in den Kindertageseinrichtungen noch 68 Prozent der behinderten Kinder gemeinsam mit Gleichaltrigen spielen, sinkt ihr Anteil in Grundschulen auf die Hälfte. In den weiterführenden Schulen sind es bundesweit nur noch 17,2 Prozent. An den Hochschulen studieren rund 20 Prozent mit "gesundheitlicher Schädigung". Doch immer mehr Universitäten wollen sich für diese Studentengruppe öffnen. Die Hochschule Fulda etwa hat die Inklusion nicht nur zum Schwerpunkt ihres 2009 gestarteten Studiengangs "Frühkindliche inklusive Bildung" gemacht. Sie legt auch Wert auf Vielfalt unter ihren Studenten.

 

"Bei uns studiert bereits die junge Erzieherin mit der 40-jährigen promovierten Archäologin", so Studiengangsleiterin Sabine Lingenauber. "In einem neuen Projekt suchen wir nun deutschlandweit Abiturientinnen und Abiturienten mit Handicap, die sich bei uns zu den besten Frühpädagogen für inklusive Bildung ausbilden lassen." Für dieses Konzept hat der Studiengang jetzt den ersten Platz beim Wettbewerb "cum laude" des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft gewonnen.

 

Von der Fürsorge zur Selbstbestimmung

 

Doch bis zum Abitur müssen es die Jugendlichen mit Behinderung erst einmal schaffen. Je nach Bundesland unterscheiden sich die Angebote an inklusiver Bildung gravierend. Während etwa in Schleswig-Holstein knapp die Hälfte aller behinderten Kinder eine weiterführende Schule besucht, sind es in Sachsen-Anhalt gerade einmal neun Prozent. "Manche Bundesländer halten ein stark ausdifferenziertes Schulsystem immer noch für das beste", beobachtet die Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Anette Stein. Dabei sei spätestens seit den Pisa-Studien klar, dass eine größere Vielfalt unter den Schülern auch zu besseren Lernerfolgen führt.

 

"Im Umgang mit behinderten Schülern hat es in Deutschland lange ein anderes gesellschaftliches Leitbild gegeben", sagt Anke Dörner, zuständig für Bildungsfragen bei der Deutschen Unesco-Kommission. Statt Selbstbestimmung habe die Fürsorge im Mittelpunkt gestanden. "Mit einem sehr ausdifferenzierten Schulsystem wollte man allen Kindern je nach Begabung gerecht werden." Die Ergebnisse internationaler Studien zur Inklusion, aber auch das Engagement vieler Elterninitiativen für das gemeinsame Lernen hätten zu einem Aufbruch geführt. "Es geht zwar langsam voran, aber die Schulen sind auf dem Weg zur inklusiven Bildung", sagt Anke Dörner.





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