DIE RHEINWIESENLAGER
Völkerrecht
Während der Haager Friedenskonferenzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschließen die sog. zivilisierten Staaten, sich einem übergeordneten Völkerrecht zu unterwerfen.
Das Völkerrecht soll u. a. die Kriegsführung humanisieren, d. h., Gewalt gegen Wehrlose ausschließen. Am 26. Januar 1910 wird die Haager Landkriegsordnung von den teilnehmenden Staaten, darunter die USA,ratifiziert. Zu den Wehrlosen gehören die Kriegsgefangenen.
Über Kriegsgefangene wird folgendes festgelegt:
Art. 4
Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt der feindlichen Regierung, aber nicht der Gewalt der Personen oder der Abteilungen, die sie gefangen genommen haben.
Sie sollen mit Menschlichkeit behandelt werden.
Alles, was ihnen persönlich gehört, verbleibt ihr Eigentum mit Ausnahme von Waffen, Pferden und Schriftstücken militärischen Inhalts.
Art. 6
Der Staat ist befugt, die Kriegsgefangenen mit Ausnahme der Offiziere nach ihrem Dienstgrad und nach ihren Fähigkeiten als Arbeiter zu verwenden. Diese Arbeiten dürfen nicht übermäßig sein.....
Art. 7
Die Regierung, in deren Gewalt sich die Kriegsgefangenen befinden, hat für ihren Unterhalt zu sorgen.
In Ermangelung einer besonderen Verständigung zwischen den Kriegsführenden sind die Kriegsgefangenen in Beziehung auf Nahrung, Unterbringung und Kleidung auf demselben Fuß zu behandeln wie die Truppen der Regierung, die sie gefangen genommen hat.....
Art. 14
Beim Ausbruch der Feindseligkeiten wird in jedem der kriegsführenden Staaten.....eine Auskunftsstelle über die Kriegsgefangenen errichtet.....
Art. 20
Nach dem Friedensschlusse sollen die Kriegsgefangenen binnen kürzester Frist in ihre Heimat entlassen werden.
Am 27. Juli 1929 werden die bisher nur für Verwundete eines Krieges geltenden Schutzbestimmungen der Genfer Konventionen auf Kriegsgefangene ausgedehnt:
Auch hier wird festgelegt, dass die Gefangenen in jeder Beziehung den eigenen Truppen gleichzustellen seien. Überdies müssten die Gefangenen unter der Aufsicht des Internationalen Roten Kreuzes stehen. Nach Beendigung der Kampfhandlungen seien alle Gefangenen unverzüglich freizulassen.
Die Alliierten haben diese Bestimmungen ebenfalls unterschrieben.
Bruch des Völkerrechts
1943 einigen sich die Alliierten, die anfallenden deutschen Kriegsgefangenen nicht als Kriegsgefangene, sondern unter Nichtachtung des Völkerrechtes als Strafgefangene zu behandeln.
Die jeweiligen Oberkommandierenden der Streitkräfte sollen in diesem Sinne über die Gefangenen frei verfügen können.
In diesem Sinne erhält der Oberkommandierende der US-Truppen Dwight David Eisenhower am 10. März 1945 aus Washington die Ermächtigung, die auf deutschem Boden gefangen gehaltenen deutschen Soldaten nicht zu entlassen, sondern sie als Disarmed Enemy Forces (DEF) weiter gefangen zu halten. Die Gefangenen haben somit keinen Schutz des internationalen Rechts und sind jeder Willkür des Siegers ausgeliefert.
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Nichteinhaltung des Völkerrechtes bei Kriegshandlungen gelten nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen.
Die Lager
Nach Überquerung des Rheins im März 1945 beginnen die Amerikaner auf Weisung Eisenhowers, entlang des westlichen Rheinufers für die deutschen Gefangenen Lager anzulegen. Weiträumige Flächen werden beschlagnahmt, mit Stacheldraht umzäunt und die Gefangenen in täglich wachsender Zahl hineingetrieben, darunter Verwundete und Amputierte. Frauen, Kinder und alte Leute.
Lager am Rhein entstehen bei
Alzey
Andernach
Bad Kreuznach
Biebelsheim
Böhl
Bretzenheim
Büderich
Büdesheim
Dietersheim
Diez
Hechtsheim
Heidesheim
Ingelheim
Koblenz
Koblenz-Lützel
Ludwigshafen
Ludwigshafen-Rheingönheim
Mainz
Mainz-Kastel
Mainz-Zahlbach
Mannheim
Mannheim-Käfertal
Mannheim-Sandhofen
Mannheim-Schönau
Mannheim-Waldhof
Miesenheim
Plaidt
Remagen
Rheinberg
Rheinheim
Schwarzenborn
Siershan
Sinzig
Trier
Urmitz
Wickrathberg
Winzenheim
Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 werden auch auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen die sich ergebenden deutschen Soldaten gefangengenommen. Täglich treffen nun Landser in verschlossenen Viehwaggons und auf Lastwagen zusammengepfercht ein, um dann wie Müll hinter die Stacheldrahtzäune gekippt zu werden.
Manche der Gefangenen sind schon jetzt nicht mehr am Leben.
Dazu kommen alle die, welche vor den Russen in den Westen fliehen, weil sie sich von den Westmächten eine menschlichere Behandlung erhoffen.
Zusätzlich wurden auch Zivilisten, die in der Partei, im Staat oder in der Wirtschaft führende Stellungen innehatten, unter 'automatic arrest' gestellt und ohne Verfahren mit den Kriegsgefangenen in die Lager getrieben.
Mit weiterem Vordringen der Alliierten nach Osten legen die Amerikaner noch zahlreiche weitere Gefangenenlager auf deutschem Boden an.
Lager entstehen bei
Aalen, Baden-Württemberg
Adelsdorf, Bayern
Aigen, Böhmerwald
Alsdorf, Nordrhein-Westfalen
Altenstadt, Bayern
Amberg, Bayern
Ansbach, Bayern
Artern, Bezirk Halle,
Aschaffenburg, Bayern
Asperg, Baden-Württemberg
Auerbach, Bayern
Augsburg-Oberhausen, Bayern
Babenhausen, Hessen
Bad Aibling, Bayern
Bad Hersfeld, Hessen
Bad Homburg, Hessen
Bad Mergentheim, Baden-Württemberg
Bad Nauheim, Hessen
Bad Reichenhall, Bayern
Bad Salzschlirf, Hessen
Bad Tölz, Bayern
Bad Wildungen, Hessen
Bamberg, Bayern
Bebra, Hessen
Berchtesgaden, Bayern
Berlin-Lichterfelde,
Berlin-Wannsee
Berlin-Zehlendorf
Bischofswiesen, Bayern
Brilon
Bobingen, Bayern
Bremerhaven-Weddewarten
Bruchsal, Baden-Württemberg
Bruck, Bayern
Burgau, Bayern
Burghausen, Bayern
Butzbach, Hessen
Coburg, Bayern
Dachau, Bayern
Darmstadt, Hessen
Ebensee, Oberösterreich
Elsenfeld, Bayern
Ens an der Ens, Österreich
Erding, Bayern
Erlangen, Bayern
Eschborn, Hessen
Eschwege, Hessen
Falkenstein, Hessen
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Feucht, Hessen
Flossenbürg, Bayern
Frankenberg, Bezirk Chemnitz
Frankenberg, Hessen
Frankfurt, Main
Frankfurt-Niederrad
Frankfurt-Zeilsheim
Frauendorf, Bayern
Freising, Bayern
Friesdorf, Nordrhein-Westfalen
Fürstenfeldbruck, Bayern
Fürth, Bayern
Gabersee, Bayern
Garmisch-Partenkirchen, Bayern
Gars, Bayern
Gemünden, Bayern
Gießen-Wieseneck, Hessen
Glasenbach, Salzburg
Göggingen, Bayern
Göppingen, Baden-Württemberg
Golling, Salzburg
Gotha, Thüringen
Griesheim, Hessen
Großauheim, Hessen
Haar, München
Haid, Oberösterreich
Hallein, Salzburg
Hammelburg, Bayern
Happurg, Bayern
Hausham, Bayern
Heilbronn, Baden-Württemberg
Heimbach, Hessen
Herborn, Hessen
Herrsching, Bayern
Hersbruck, Bayern
Hessisch-Lichtenau, Hessen
Hintersee, Salzburg
Hirschberg, Hessen
Hof, Bayern
Hof-Moschendorf, Bayern
Hohenbrunn, Bayern
Hundstadt, Hessen,
Ingolstadt, Bayern
Ipsheim, Bayern
Kamp-Lintfort, Nordrhein-Westfalen
Kaprun, Salzburg
Karlsfeld, Bayern
Karlsruhe
Katzenfurt, Hessen
Kaufbeuren, Bayern
Kesterbach, Hessen
Kleinmünchen, Oberösterreich
Königstein, Hessen
Korbach, Hessen
Lambach, Oberösterreich
Landsberg, Bayern
Landshut, Bayern
Langenzenn, Bayern
Langlau, Bayern
Limburg, Hessen
Linz, Oberösterreich
Linz-Wegscheid
Lohr, Bayern
Ludwigsburg, Baden-Württemberg
Maisach, Bayern
Manching, Bayern
Marburg, Hessen
Markt Bibart, Bayern
Memmingen, Bayern
Mittenwald, Bayern
Mohlsdorf, Thüringen
Moosburg, Bayern
Münchberg, Bayern
München
München-Allach
München-Daglfing
München-Freimann
Münster
Natternberg, Bayern
Naumburg/Saale, Sachsen-Anhalt
Neumarkt, Bayern
Neustadt, Hessen
Neu-Ulm, Bayern
Nieserroden, Baden-Württemberg
Nürnberg
Nürnberg-Erlenstegen
Nürnberg-Langwasser
Oberdachstetten, Bayern
Oberursel, Hessen
Oberursel-Hohemark
Ochsenfurt, Bayern
Ochsenpferch, Baden-Württemberg
Peuerbach, Oberösterreich
Planegg, Bayern
Plankstetten, Bayern
Plattling, Bayern
Possenhofen, Bayern
Pupping, Oberösterreich
Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen
Regensburg, Bayern
Reinhartshausen, Bayern
Rockenberg, Hessen
Rosenheim, Bayern
Roth, Bayern
Salzburg
Salzburg Gnigl
Sankt Gilgen, Salzburg
Schliersee, Bayern
Schnuttenbach, Bayern
Schwabach, Bayern
Schwabmünchen, Bayern
Schwäbisch-Hall, Baden-Württemberg
Schweiklberg, Bayern
Stadt Allendorf, Hessen
Stein, Bayern
Stephanskirchen, Bayern
Steyr, Oberösterreich
Straubing, Bayern
Stuttgart-Zuffenhausen
Sulzbach-Rosenberg, Bayern
Tann, Bayern
Teugn, Bayern
Trostberg, Bayern
Tutzing, Bayern
Ulm
Vilshofen, Bayern
Weiden, Bayern
Wels, Oberösterreich
Wendelhöfen, Bayern
Werneck, Bayern
Wickelskreuth, Bayern
Wien
Wiesbaden-Dotzheim
Wiesloch, Baden-Württemberg
Wolfratshausen, Bayern
Würzburg
Würzburg-Heidingsfeld
Wuppertal
Zell am See, Salzburg
Ziegenhain, Hessen
Die Liste ist entnommen aus: Kurt W. Böhme, Die deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand, Europa, München 1973
Erlebnisberichte aus den genannten Lagern können hier veröffentlicht werden. Zusendung erbeten an: [email protected]
Die nichtrheinischen Lager werden meist nach einiger Zeit aufgelöst und die Insassen an der Rhein gebracht. Es ist davon auszugehen, dass sich schließlich fünf bis sechs Millionen Deutsche in den US-Lagern am Rhein befinden:
Zustände in den Lagern
Die Zustände in den Lagern dürften hinreichend bekannt sein, dennoch seien die wichtigsten Fakten wiederholt:
Die Gefangenen werden weder bei Einlieferung noch während des Aufenthaltes registriert. Die Lager werden von allen Seiten bewacht, nachts mit Flutlicht. Fluchtversuche haben sofortige Erschießung zur Folge. Zuweilen wird auch ohne ersichtlichen Anlass in die Menge der Gefangenen geschossen.
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Die Gefangenen hausen trotz Kälte, Regen und Schneeregen ohne Obdach auf nacktem Boden, der sich mit der Zeit in eine unergründliche Schlammwüste verwandelt. Unterkünfte zu errichten, ist verboten. Zelte werden nicht ausgegeben, obwohl sie in den Depots der deutschen Wehrmacht und in denen der US-Armee reichlich vorhanden sind.
Die Gefangenen graben sich Erdlöcher, um vor der schlimmsten Kälte geschützt zu sein. Auch das wird immer wieder untersagt, so dass die Gefangenen oft gezwungen sind, die Erdlöcher zuzuschütten. Es geschieht, dass Bulldozer durch die Lager fahren und Erdlöcher samt den darin vegetierenden Gefangenen zuwalzen.
Waschgelegenheiten fehlen. Latrinen, über Gruben gelegte Balken, werden meist in der Nähe der Zäune angelegt, so dass die diesbezüglichen Vorgänge von außen einsehbar sind.
Während der ersten Zeit gibt es weder Nahrung noch Wasser, obwohl die erwähnten deutschen und amerikanischen Depots überreich mit Vorräten gefüllt sind und der Rhein Hochwasserstand hat. Um die deutschen Depots zu leeren, werden sie der Bevölkerung zur Plünderung überlassen.
Später erhalten die Gefangenen aus den US-Vorräten: Eipulver, Milchpulver, Kekse. Blockschokolade, Kaffeepulver, jedoch noch immer kaum Wasser, so dass zu dem Hunger schwere Darmerkrankungen hinzukommen.
Die Gefangenen haben keinerlei Verbindung zur Außenwelt, Postverkehr findet nicht statt. Der Bevölkerung ist bei Todesstrafe verboten, die Gefangenen mit Nahrung zu versorgen.
Die deutschen Behörden werden angewiesen, die Bevölkerung entsprechend zu instruieren. Wer dennoch versucht, den hungernden Gefangenen über den Lagerzaun etwas zukommen zu lassen, wird vertrieben oder erschossen.
Das Internationale Rote Kreuz hat keinen Zutritt zu den Lagern. Nahrungsmittel und Hilfsgüter, welche das Schweizer Rote Kreuz in Eisenbahnwaggons an den Rhein transportieren lässt, werden auf Befehl Eisenhowers zurückgeschickt.
Schwerkranke und Sterbende werden unzureichend oder überhaupt nicht versorgt, während nahegelegene Krankenhäuser und Lazarette ungenutzt bleiben.
Als Wachpersonal werden z. T. entlassenen Fremdarbeiter eingestellt. Lagerpolizei besteht u. a. aus ehemaligen Häftlingen der Wehrmacht, z. B. aus den Häftlingen des deutschen Militärzuchthauses Torgau. Willkürliche Misshandlungen der Gefangenen sind an der Tagesordnung. Es wird ihnen kein Einhalt geboten.
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Zur umfassenden Information über die 'Rheinwiesenlager' sei auf das Standardwerk des Kanadiers James Bacque, Der geplante Tod, 8. Auflage, Berlin, 1999, hingewiesen.
Zwei von Bacque zitierte Erlebnisberichte mögen die Zustände in den Rheinwiesenlagern noch verdeutlichen.
Zwei Amerikaner berichten:
Der 30. April (1945) war ein stürmischer Tag. Regen, Schneeregen und Schnee wechselten sich ab, ein bis auf die Knochen durchdringender kalter Wind fegte von Norden her über die Ebenen des Rheintals dorthin, wo sich (das Lager) befand. Eng zusammengedrängt, um sich gegenseitig zu wärmen, bot sich den Blicken auf der anderen Seite des Stacheldrahts ein tief erschreckender Anblick dar: nahezu 100.000 ausgemergelte, apathische, schmutzige, hagere Männer mit leerem Blick, bekleidet mit schmutzigen, feldgrauen Uniformen, knöcheltief im Schlamm stehend. Hier und da sah man schmutzig weiße Flecken. Bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass es sich um Männer mit verbundenem Kopf und verbundenen Armen handelte, oder Männer, die da in Hemdsärmeln standen! Der deutsche Divisionskommandeur berichtete, dass die Männer seit mindestens zwei Tagen noch nichts gegessen hätten und dass die Beschaffung von Wasser ein Hauptproblem sei - dabei war der Rhein, der hohen Wasserstand führte, nur 200 Meter entfernt. (zitiert nach James Bacque, a.a.O., S. 51 f.)
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Ein Gefangener berichtet:
Im April wurden Hunderttausende von deutschen Soldaten sowie Kranke aus Hospitälern, Amputierte, weibliche Hilfskräfte und Zivilisten gefangengenommen....Ein Lagerinsasse von Rheinberg war über 80 Jahre alt, ein anderer war neun Jahre alt....andauernder Hunger und quälender Durst waren ihre Begleiter, und sie starben an Ruhr. Ein grausamer Himmel übergoss sie Woche für Woche mit strömendem Regen.....Amputierte schlitterten wie Amphibien durch den Matsch, durchnässt und fröstelnd....Ohne Obdach tagaus, tagein und Nacht für Nacht lagen sie entmutigt im Sand von Rheinberg oder sie entschliefen in ihren zusammenfallenden Löchern.... (Heinz Janssen, Kriegsgefangener in Rheinberg, zitiert nach James Baque a.a.O., S. 52)
Inzwischen liegt auch eine wissenschaftliche Darstellung der Rheinwiesenlager vor.
Die Fakten zeigen, dass die Zustände in den Rheinwiesenlagern nicht auf dem oft behaupteten Unvermögen der Amerikaner beruhen, mit der Masse der Gefangenen fertig zu werden. Die Zustände samt den zwangsläufig daraus resultierenden sind so gewollt.
James Bacque bestätigt, dass General Dwight Eisenhower für die Zustände verantwortlich ist: Die Verantwortung für die Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand lag bei den Kommandeuren der US-Army in Europa, untergeordnet nur der politischen Kontrolle durch die Regierung. Alle Entscheidungen über Gefangenenbehandlung wurden tatsächlich allein von der US Army in Europa getroffen... (Bacque, a.a.O., S. 45).
Dr. Ernest F. Fisher jun., Oberst der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika, schreibt: Eisenhowers Hass, toleriert von einer ihm gefügigen Militärbürokratie, erzeugte diesen Horror der Todeslager, der mit nichts in der amerikanischen Militärgeschichte vergleichbar ist. Angesichts der katastrophalen Folgen dieses Hasses ist die lässige Gleichgültigkeit, die die SHAEF-Offiziere (des Hauptquartiers der alliierten Expeditionskräfte) an den Tag legten, die schmerzlichste Seite der amerikanischen Verstrickung. (zitiert nach Bacque, a.a.O., S. 17)
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Im Juli 1945 werden mit Einrichtung der Besatzungszonen die Rheinwiesenlager je nach ihrer Lage den Briten oder den Franzosen übergeben. Die Briten versuchen, die Versorgung der Gefangenen zu bessern. Die Franzosen bessern nichts, sondern beginnen, die noch arbeitsfähigen Männer zur Zwangsarbeit nach Frankreich abzutransportieren. Die wenigsten kehren zurück.
Sterben
Den Zuständen entsprechend kommt es bald nach Einrichtung der Rheinwiesenlager zum Massensterben.
Bacque schreibt: In Lagern entlang an den Ufern des Rheins verzeichneten die Armeeärzte vom 1. Mai bis zum 15. Juni 1945 eine erschreckende Sterblichkeitsrate, achtzigmal so hoch wie alles, was sie je in ihrem Leben gesehen hatten. Tüchtig und gewissenhaft registrierten sie die Todesursachen: so und so viele starben an Ruhr und Durchfall, so und so viele an Typhus, Starrkrampf, Blutvergiftung, alles in Zahlen, die unglaublich seit dem Mittelalter waren. Die medizinische Terminologie selbst reicht nicht mehr ganz aus angesichts der Katastrophe, deren Zeugen die Ärzte wurden. So wurden Todesfälle infolge von Abmagerung und Erschöpfung registriert........Herzkrankheit und Lungenentzündung. (Bacque, a.a.O., S. 78 f.)
Allmorgendlich werden die Toten aus den Lagern abtransportiert, um in Massengräbern versenkt zu werden.
Ein Zeitzeuge schreibt:
Die Leichen der Verhungerten wurden täglich auf Karren weit außerhalb der Lager in vorbereitete lange Gruben gekippt und in fünf Lagen und langen Reihen aufgeschichtet. Nach Verfüllung mit dem zuvor ausgebaggerten Erdreich erfolgte die Planierung der Massengräber. (Willi Griesheimer, Die Hölle der amerikanischen Kriegsgefangenschaft, Eigendruck, S. 2).
Dazu kommen all die Toten, die in dem unergründlichen Schlamm oder in den Latrinen versinken, ohne geborgen zu werden. Paul Jäger berichtet aus dem Lager Büderich:
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Die Erdlöcher stürzten ein. Man schätzte die Verschütteten auf etwa 230 pro Nacht. Niemand konnte die Menschen ausgraben, keiner war registriert worden. Mit Bulldozern ebneten die Amerikaner die Gruben mitsamt den Toten ein... (S. Lager Büderich, Paul Jäger)
Bacque weist anhand von Dokumenten und von Zeugenaussagen nach, dass in den amerikanischen und später in den französischen Gefangenen- und Arbeitslagern zusammen 800.000 bis eine Million Menschen zu Tode gekommen sind. Ca. drei Viertel der Toten lastet Bacque den Amerikanern an, also an die 750 000:
Die Zahl der Opfer liegt zweifellos bei mehr als 800.000, beinahe mit Sicherheit bei mehr als 900.000 und durchaus wahrscheinlich bei mehr als einer Million. Die Ursachen ihres Todes wurden wissentlich geschaffen von Armee-Offizieren, die über genügend Lebensmittel und andere Hilfsmittel verfügten, um die Gefangenen am Leben zu erhalten. Hilfe-Organisationen, die versuchten, den Gefangenen in den amerikanischen Lagern zu helfen, wurde die Erlaubnis dazu von der Armee verweigert. Das alles wurde damals verheimlicht und dann unter Lügen verdeckt... Akten sind vernichtet, geändert oder als geheim unter Verschluss gehalten worden. Dies geht bis auf den heutigen Tag so weiter. (Bacque, a.a.O., S.11).
Die US-Geschichtsschreibung dagegen spricht lediglich von ca. 5000 Toten der Rheinwiesenlagern. Die offizielle Geschichtsschreibung in Deutschland schließt sich an: 5000 Lagertote, höchstens 10.000, auf keine Fall mehr!
Das hieße, dass von den fünf bis sechs Millionen Gefangenen, die durch die Rheinwiesenlager gegangen sind, nur 0,1% die im Ursinne mörderischen Umstände nicht überstanden habe. Eine Todesrate von 0,1% aber entspricht einer Todesrate von Menschen, die unter normalen Bedingungen leben. Für die Rheinwiesenlager ist eine solch niedrige Todesrate ausgeschlossen.
Überdies ist trotz aller Nachforschungen noch immer der Verbleib von über einer Million Kriegsteilnehmern des II. Weltkrieges ungeklärt. Man spricht von der vermissten Million. Bis vor der sog. Wende wurden die Verschollenen den Russen angelastet. Nun aber haben die Russen ihre Archive geöffnet, welche zumindest seit 1946 über Gefangenenschicksale unerwartet detailliert Auskunft geben. Ca. 100.000 Vermisstenschicksale konnten geklärt werden. Man vermutet überdies, dass im Laufe des Jahres 1945 etwa 200.000 Deutsche in den Weiten Russlands namenlos zu Tode gekommen seien. Die vermisste Million bleibt.
Bretzenheim
Die Todesziffer von ca. 750.000 Toten in den amerikanischen Rheinwiesenlagern möge verdeutlicht werden durch Berichte aus dem Lager Bretzenheim bei Bad Kreuznach,
Über einen Mitgefangenen wird berichtet:
obwohl auch er inzwischen zum Skelett abgemagert ist, obwohl auch er in manchen Nächten mit brennenden Augen in den Himmel starrt und sich auszurechnen versucht, wann er wohl zu jenen Kameraden zählt, die man morgens im Lager einsammelt und an den Straßengraben legt, damit sie zum Heldenfriedhof gefahren werden... (Rolf Spenner, Tränen, Tod und tausend Qualen, Kriegsgefangenenlager Bretzenheim, Pfaffen-Schwabenheim, 4. Auflag, 1995, S. 38).
Ein anderer ehemaliger Insasse des Lagers schreibt:
Die Bretzenheimer Einwohner sahen von April bis Juli 1945 jeden Morgen die Haufen von 120 bis 180 Leichen am Tor und können vom Verladen dieser Umgekommenen auf Lastkraftwagen berichten, die zum Galgenberg bei Kreuznach oder nach Stromberg davonbrausten. (Erich Werner, Kriegsgefangenenlager Bretzenheim, Bretzenheim, 1998, 5. Auflage, S 9)
Das bedeutet, dass im Lager Bretzenheim in den drei Monaten amerikanischer Führung ca. 15.000 Tote anfallen. Bei einer vom Autor angegebenen Belegungsstärke von 130.000 Gefangenen ergibt das eine Todesrate von über 11,15 %.
Dazu kommen die zahllosen hungergeschwächten Gefangenen, die auf Nimmerwiedersehen im unergründlichen Schlamm versinken oder in die Lagerlatrinen stürzen, wo es kein Entrinnen mehr gibt:
Wie viele in diesem Schlamm schon umgekommen waren? Und wie viele, vom Hunger entkräftet, würde der Schlamm noch bezwingen? Er (der Schlamm) brach noch oft über uns herein,...mit dieser Urgewalt auf völlig Kraft- und Wehrlose, die wir in diesen Maiwochen waren, wo der Tod eine reiche Ernte hielt. (E. Werner, a.a.O., S. 12)
Viele oder gar die meisten Opfer aber forderte der Schlamm und der bodenlose Untergrund an den Latrinen, deren Benutzung namentlich nach lang anhaltenden Regenfällen wie jetzt Ende April/Anfang Mai zu einem Spiel mit Leben und Tod ausartete. Die Tatsache darf daher in keiner Lagerchronik fehlen, dass in jener Zeit vor allem nachts mancher sich nur noch mühsam auf den abgezehrten Beinen haltende Landser vom dringenden Gang auf die Latrine nicht mehr in sein Erdloch zu den Kameraden zurückkehrte, weil er kraftlos hineingefallen war in jenen stinkenden und kaum zu beschreibenden Abgrund, aus dem es kein Entrinnen gab. (R. Spenner, a.a.O., S. 37 f.)
Rechnet man zu den Toten am Lagertor noch die in Schlamm und Latrinen Versunkenen hinzu, kann man im Lager Bretzenheim in den ersten Monaten auch bei vorsichtiger Schätzung von 15% Toten ausgehen.
Es gibt keinen Grund, für die anderen Lager, in denen die Verhältnisse ähnlich waren, eine niedrigere Todesrate anzunehmen.
Geht man von einer Gesamtbelegung aller Lager mit fünf Millionen Gefangenen aus, so ergeben sich bei einer Todesrate von 15% 750 000 Tote in den amerikanischen Lagern. Das ist die Zahl, welche auch Bacque angibt, obwohl seine Argumentation andere Wege einschlägt.
Die Toten